Staatstheater Nürnberg
Home > Haus > Künstler*innen > Thomas Nunner

Schauspiel

Thomas Nunner

Thomas Nunner

Ensemble

Kammerschauspieler

NACHRUF

Das Staatstheater Nürnberg trauert um Thomas Nunner, Kammerschauspieler, hochgeschätzter Kollege und Ensemblemitglied seit 1996. Fast 30 Jahre lang hat er das Schauspiel in Nürnberg geprägt, war Herzmuskel im Ensemble sowie für viele Publikumsgenerationen identitätsstiftend und die Theaterliebe weckend. Am 20. August 2025 ist Thomas Nunner im Alter von 58 Jahren nach langer, schwerer Krankheit verstorben.

„Wir wussten, dass die Zeit mit Thomas Nunner bemessen sein würde“, sagt Staatsintendant Jens-Daniel Herzog. „Nun, da sie zu Ende gegangen ist, sind wir tieftraurig und sehr dankbar für das, was uns dieser kluge, außergewöhnliche Schauspieler geschenkt hat.“

„Mit Thomas Nunner verliert das Staatstheater Nürnberg Schauspiel einen Menschen, der künstlerisch und menschlich eine unfassbare Lücke hinterlässt“, findet Schauspieldirektorin Lene Grösch. „Er war Schnelldenker, künstlerisch furchtlos, rigoros anspruchsvoll und leidenschaftlich diskursiv. Er war ein Mensch, der in Cafés sitzend andere Menschen mit soziologischer Liebe zu Details beobachtete, ein Mensch, der voller Wärme zuhören konnte, kurzum: ein großer Künstler und Mensch, dessen Anwesenheit in dieser Stadt, in diesem Theater, in unseren Köpfen und Herzen bleiben wird.“

In den Augen von Regisseur und Staatsintendant Jens-Daniel Herzog war Thomas Nunner kein lauter Schauspieler, keiner, der sich in den Vordergrund spielte und an der Bühnenrampe für Furore sorgte. Er war ein Mann der Zwischentöne: „Man konnte ihm förmlich zuschauen, wie er seine Figuren mit Sorgfalt und Nachdenken entwickelte. Texte waren seine Passion: Je genauer sie gedacht und geschrieben waren, desto tiefer begab er sich in sie hinein. Seine letzte Rolle in „Die Ärztin“, die er noch am 12. Juli gespielt hat, erscheint rückblickend wie die Quintessenz seiner Kunst: eine vermeintlich kleine Rolle, in der er aus wenigen Sätzen und zarten Gesten eine ganze Lebensgeschichte entwickelte.“

Für diese Eindringlichkeit hat ihn sein Publikum geliebt, dafür wurde er mit dem Titel „Kammerschauspieler“ ausgezeichnet. „Seine große Kunst, aber auch seine ruhige, freundliche Art werden wir schmerzlich vermissen. Wir verneigen uns vor Thomas Nunner und werden ihn als prägenden Schauspieler des Nürnberger Staatstheaters in lebendiger Erinnerung behalten“, so Jens-Daniel Herzog.

Der gebürtige Grazer Nunner hatte vor seinem Schauspielstudium Französisch, Philosophie und Spanisch studiert. Die tiefe Liebe zur Literatur war der wichtigste Motor für sein gesamtes künstlerisches Schaffen. Die Auseinandersetzung mit der Antike hat ihn sein Leben lang begleitet, Shakespeare, Proust und Hölderlin waren unverzichtbare Wegbegleiter.

Nach seiner Schauspielausbildung in Wien sowie Stationen in Graz, Bregenz und Münster wurde Thomas Nunner 1996 ans Schauspiel Nürnberg engagiert und war seitdem aus dem Ensemble nicht mehr wegzudenken. Thomas Nunner war Kreon, Jason, Agamemnon, war Mercutio und Malvolio, war Don Carlos, Tasso, Danton, war Platonov und Estragon. „Er hat seinem Publikum auf unvergleichliche Weise von Sehnsüchten, Ängsten und Träumen erzählt. Er hat mit tiefsitzendem Interesse für Perspektivwechsel spartenübergreifend mit dem Orchester, der Oper und dem Ballett zusammengearbeitet“, fasst Schauspieldirektorin Lene Grösch Nunners künstlerisches Schaffen zusammen.

Auch Jan Philipp Gloger, von 2018 bis 2025 Schauspieldirektor am Staatstheater Nürnberg, würdigt Thomas Nunner als einen Ausnahmeschauspieler: „Wach, offen, präzise – voller Fragen an sich, die Welt, die Rolle. Ein Österreicher in Franken, den Witz und Hintersinn auszeichneten, ein Mensch mit großem Herzen. Es war mir eine große Freude und Ehre, ihn in den Jahren meiner Direktion im Ensemble zu haben. Er war eine Säule, ein Vorbild für die Jüngeren, ein hoch inspirierender Kollege, und ein Kämpfer bis zum Schluss, einer, der ohne die Bühne – wie er selbst sagte – gar nicht konnte. Tieftraurig nehme ich sein Ableben zur Kenntnis.“

Klaus Kusenberg, der während seiner Zeit als Schauspieldirektor in Nürnberg von 2000 bis 2018 mit Thomas Nunner zusammengearbeitet hat, bleiben vor allem dessen menschliche Integrität, die tiefe Zerrissenheit seiner Herrscherfiguren und seine Fähigkeit zu existentieller Komik im Gedächtnis: „Er verstand es, sprachliches Handwerk mit Seele zu verbinden und machte sich damit zu einem zentralen Spieler unseres Ensembles.“

BIOGRAFIE

Thomas Nunner stammte aus Graz in der Steiermark. Er erhielt seine Ausbildung in Wien an der Schauspielschule des Volkstheaters. Nach Arbeiten in Wien, Graz und Bregenz folgte ein Engagement an den Städtischen Bühnen Münster, wo er auch für den WDR arbeitete uns den Darstellerpreis des Theatervereins bekam.

1996 wurde er von Holger Berg nach Nürnberg engagiert und war seitdem Ensemblemitglied am Staatstheater. In 29 Jahren war er hier in vielen großen Rollen zu sehen: in antiken Stücken (als Kreon, Jason, Agamemnon, Aigisth, Eteokles), in Klassikern von Shakespeare (Mercutio, Malvolio) und Molière (Alceste), von Lessing (Guastalla, Saladin), Schiller (Don Carlos, Leicester, Dauphin Karl VII, Phillip II), Goethe (Tasso, Pylades), Kleist (Kurfürst), Büchner (Danton), Ibsen (Hjalmar Ekdal, Rörlund, Lyngstrand), Tschechov (Platonov, Andrei), in Stücken der klassischen Moderne: Sternheim (Maske, Paul Schippel), Mann (Christian Buddenbrook), Horvath (Alfred, Kasimir), Beckett (Estragon), Arthur Miller (Pastor Parris, Happy), und in zeitgenössischen Stücken von Mark Ravenhill, Dennis Kelly, Peter Handke, Thomas Bernhard, Werner Schwab, Elfriede Jelinek, Sibylle Berg, Wolfram Lotz, Tracy Letts, Nora Abdel Maksoud und vielen weiteren.

Diese Arbeiten entstanden mit Regisseurinnen und Regisseuren wie Klaus Kusenberg, Georg Schmiedleitner, Stefan Otteni, Nicolai Sykosch, Titus Georgi, Volker Schmaloer, David Mouchtar-Samorai, Enrico Lübbe, Shirin Khodadadian, Peter Wittenberg, Bettina Bruinier, Jan Phillip Gloger, Dieter Dorn, Anne Lenk, Andreas Kriegenburg und vielen anderen. Darüber hinaus ermöglichten ihm mehrere Arbeiten mit dem langjährigen Ballettdirektor des Staatstheaters Nürnberg, Goyo Montero, eine spartenübergreifende Begegnung mit dem Ballett. Nunner arbeitete gerne und regelmäßig als Sprecher für den Bayerischen Rundfunk, das Nürnberger Kammermusikfestival, das Ensemble Kontraste und andere. 2011 wurde er zum bayerischen Kammerschauspieler ernannt. Am 20. August 2025 ist er im Alter von 58 Jahren verstorben.

Foto © Sebastian Lock

> Spielplan

> Digitaler Fundus

Nach oben