Staatstheater Nürnberg
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Import/Export Großbritannien (18/19)

EUROPA - UNABHÄNGIGKEIT



21.-23. Juni 2019 in den Kammerspielen und der 3. Etage



Europa, das war ein Traum, der entstand, nachdem der Kontinent sich zwei Mal hintereinander in grausamen Kriegen selbst zerstört hatte. Ein Traum von Frieden und Sicherheit, von Stabilität und Solidarität. Vieles davon ist mit der EU Wirklichkeit geworden. Anderes nicht. Und spätestens seit die Mehrheit der Briten für einen EU-Austritt gestimmt hat, muss man fragen: Wo stehen wir heute mit dem großen Friedensprojekt Europa, für das selbst ein Konservativer wie Helmut Kohl als junger Mensch einst Schlagbäume niederriss? Eine große Frage scheint dabei die der Unabhängigkeit. Die Brexit-Befürworter forderten Eigenständigkeit und Selbstbestimmung. Das ist verbrieftes Völkerrecht. Aber heißt das nicht auf der anderen Seite Abgrenzung? Was bedeutet Unabhängigkeit heute, wofür und von wem wollen wir unabhängig sein? Wollen wir dafür oder dagegen kämpfen? Und wenn man sich selbst als Europäerin begreift – kann man sich dann eigentlich von seiner Nationalität unabhängig machen? All diesen Fragen stellt sich das dritte Import/Export-Wochenende im Dialog mit Großbritannien.

Neben der hauseigenen Produktion „Independence For All“ von Costa Compagnie, die in Franken, dem vereinigten Königreich und der ehemaligen britischen Kolonie im Südsudan Unabhängigkeitsbewegungen befragt, werden Gastspiele aus Großbritannien zu Gast sein. Der aus Manchester stammende, international renommierte Autor und Performer Chris Thorpe ist mit seiner Soloperformance „Status“ dabei, die die Geschichte eines Mannes erzählt, der sich als Weltbürger begreift und versucht, sich von seiner Nationalität unabhängig zu machen. Außerdem laden wir ausgewählte Produktionen aus dem Programm „Dear Europe“ ein, das das Schottische Nationaltheater in Nürnbergs Partnerstadt Glasgow anlässlich des ursprünglich geplanten Brexitdatums entwickelt hat.

Darüber hinaus gibt es wieder Vorträge, Diskussionen, Partys und auch das Stadtschreiber
innen Projekt „Blickwechsel“, bei dem Künstler*innen aus dem Gastland ihre Sicht auf Nürnberg formulieren, wird fortgesetzt.



Die Stücke




STATUS
Freitag, 21.06., 19:30 Uhr, Kammerspiele


Von Chris Thorpe
Gastspiel in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Wir alle haben eine Nationalität. Oder zumindest fast alle. Status ist ein Theaterabend über einen Mann, der seine nicht mehr will. Über das Weglaufen vor der Nationalen Erzählungen, die uns mitgegeben wurden. Und darüber, wer für diese Erzählung verantwortlich ist und was mit ihr passiert, wenn man sie aufgibt.
Wenn zunehmend radikaler Nationalismus das liberale Europa zu ersticken droht, gilt es, das Konzept der Nation zu durchleuchten. Der britische Autor und Theatermacher Chris Thorpe hat das auf bemerkenswerte Weise getan. Mit der Uraufführung seines Monologs Status gewann er in diesem Jahr einen der begehrten Fringe First Awards. Um herauszufinden, was es eigentlich bedeutet britisch zu sein, hat sich Thorpe auf die Reise begeben: Sie führt ihn nach Deutschland, dann nach Amerika ins Land der Navaho, nach Singapur ins Herz des ungezähmten Radikalkapitalismus und schließlich wieder über Frankfurt zurück nach England. Status ist ein Road Movie mit Musik, an dessen Ende die Erkenntnis steht, dass trotz allen Entsetzens über den Brexit die nationale Identität nichts ist, das man so einfach loswerden kann.




INDEPENDENCE FOR ALL
Samstag, 22.06., 19:30 Uhr und Sonntag 23.06., 19:00 Uhr, Kammerspiele


Von Costa Compagnie

Unabhängigkeit! Selbstbestimmung! Das ist verbrieftes Völkerrecht, klingt nach Befreiung und historischem Fortschritt und ist doch oft verbunden mit Ab- und Ausgrenzung, mit Populismus und Renationalisierung. Was bedeutet Unabhängigkeit heute, wofür und von wem? Wollen wir dafür oder dagegen kämpfen? Wie wirkt der Kolonialismus, Ursache historischer Unabhängigkeitsbewegungen, bis heute fort? Ist Unabhängigkeit in einer globalisierten Welt überhaupt möglich? Die letzte Schauspiel-Premiere der Spielzeit ist die erste eines veritablen Großprojekts: Es heißt "Fight (for) Independence" und erstreckt sich nicht nur zeitlich über zwei Spielzeiten, sondern auch geografisch über tausende Kilometer. Dafür schließt sich das Staatstheater mit der Costa Compagnie aus Berlin und dem Oldenburgischen Staatstheater zusammen und bricht von diesem Dreieck aus in zwei europäische und zwei afrikanische Länder auf um dem verlockenden, aber auch zweifelhaften Ruf nach "Independence" zu folgen. Der weltweite Recherche-Pfad beginnt in Nürnberg und Franken. Auch hier gibt es Menschen, die sich "national befreite Zonen" wünschen oder sich als Reichsbürger auch von der Bundesrepublik unabhängig erklären. Pünktlich zum Brexit geht es ins Vereinigte Königreich und von dort in den Südsudan, vormals Teil der ehemaligen britischen Kolonie Sudan, wo bis heute Bürgerkrieg herrscht. Anhand konkreter Erfahrungen von Menschen, die die Künstler*innen persönlich treffen, entsteht ein sparten- und genreübergreifend interdisziplinärer und multimedialer Theaterabend in den Kammerspielen.




DEAR EUROPE (Death Becomes Us / Cadaver Police In Quest Of Aquatraz Exit)
Samstag, 22.06., 19:30 Uhr und Sonntag 23.06., 19:00 Uhr, 3. Etage


Von Leonie Rae Gasson / Alan McKendrick
Gastspiele in englischer Sprache

Dear Europe

Dear Europe war ein besonderes künstlerisches Event, das das Schottische Nationaltheater anlässlich des ursprünglich geplanten Brexitdatums am 29.03.2019 in Nürnbergs Partnerstadt Glasgow zeigte. Einige der aufsehenerregendsten schottischen Theatermacher*innen präsentierten Arbeiten, eigens entwickelt für diesen besonderen Moment in der europäischen Geschichte – der dann doch (noch) nicht stattfand. Entstanden sind sechs Produktionen, die das schottische Verhältnis zu Europa ebenso befragen, wie den erwarteten Austritt aus der Europäischen Union und sich mit Themen wie (Unions-)Bürgerschaft, Grenzen, Kontrolle und Selbstbestimmung, Wirtschaft und Migration auseinandersetzen. Mit „Death Becomes Us“ und „Cadaver Police In Quest Of Aquatraz Exit” kommen zwei der Produktionen nach Nürnberg:

Death Becomes Us

„Take Back Control“ war der Schlachtruf der Brexit-Bewegung. Rae Gasson und ihre musikalischen Mitstreiterinnen, darunter ein speziell zusammengestellter Chor von in Nürnberg lebenden europäischen Migranteninnen, untersuchen den obsessiven Wunsch nach Kontrolle. Dabei verbinden sie intime Audio-Performance mit überbordender Live Musik.

Cadaver Police In Quest Of Aquatraz Exit

“Das Problem mit euerm Land ist, dass ihr nichts produziert, was andere Länder kaufen möchten. Abgesehen von euerm Rock'n'Roll natürlich, der ist zum Teil großartig, aber wie weit bringt euch das wirklich?“ Alan McKendrick hat diese Herausforderung der deutschen Künstlerin Jules Buchholtz angenommen und ein Science-Fiction Gefängnisausbruchs-Musical kreiert. Die Geschichte folgt dem Schicksal der Band Cadaver Police, die nach Jahrzehnten des totalen Embargos der erste internationale Export aus einem blockierten Land ist. Marieluise Fleißer, Hito Steyerl, die 2000AD Comics und das Bewusstsein von Oktopussen bieten die passende Inspiration. Mit Live-Musik der glasgower Avant-Psych-Band Smack Wizards.

DAS RAHMENPROGRAMM




Blickwechsel

Freitag bis Sonntag durchgängig, Floyers im Erdgeschoss und 1. Stock


Leonie Rae Gasson und das Team von "Death Becomes Us" werden im Vorlauf des Festivals gemeinsam mit Patinnen und Paten von der Deutsch-Britischen Gesellschaft Nürnberg eine Woche lang die Stadt erkunden und ihre Eindrücke in einem Kurzfilm Festhalten. Der Film wird in einer Installation während des ganzen Wochenendes auf den Bildschirmen in den Foyers des Schauspielhauses gezeigt.


Europa / Unabhängigkeit
Samstag, 22.06., 18:45 Uhr, 3. Etage


Spezialeinführung zu den folgenden Produktionen
Mit Marie Rosenkranz vom European Democracy Lab, Berlin


120 Minuten Party
Samstag, 22.06., 22:00 Uhr bis 0:00 Uhr, 3. Etage


Wenn man schon mal Party machen kann im Elfenbeinturm der Hochkultur, dann aber so richtig. Volles Rohr. Ab 21:00 Uhr ist Aufwärmen und um 22:00 Uhr heißt es dann: Zwei Stunden durchtanzen, alles geben, denn um Mitternacht geht das Licht an und die Musik aus. Wer dann noch nicht röchelnd am Boden liegt kann ja weiter ziehen!
Musik: Wunst


Linda Goes Independent
Sonntag, 23.06., 16:00 Uhr, Treffpunkt Hauptbahnhof


Walking Act mit Susanna Curtis

Existenz gefährdet! Die pummelige, britisch-exzentrische Singlefrau Linda versteht die Welt nicht mehr, wenn sie überhaupt mal die Welt verstanden hat. Der Brexit lauert an jeder Ecke und Linda kämpft sich durch Einbürgerungstests, Aufenthaltsgenehmigungen, Sprachtestzertifikate Niveau B1, Visumsanträge, Arbeitserlaubnisse und Reisepassanträge, um überhaupt ihre Chancen auf den Weiterverbleib in Deutschland zu sichern. Es bleibt kaum noch Zeit für ihre Lieblingsbeschäftigungen – Bummeln und Plaudern. Aber vielleicht findet sie irgendwo zwischen Nürnberger Arbeitsamt und Schauspielhaus ihr Glück und mit ihrem bekannten geschickten Missgeschick die Gelegenheit, sich von ihrem eintönigen Hausfrauendasein zu befreien, um endlich ihre eigene persönliche Unabhängigkeit zu erlangen. Laufen Sie mit ihr mit und finden Sie es heraus! And without a doubt a cup of tea will sort everything out…

Die gebürtige Britin und in Nürnberg ansässige Susanna Curtis ist Choreographin, Tänzerin, Darstellerin, KlinikClown und künstlerische Leiterin von Curtis & Co – dance affairs. Ihre hochgelobten Tanztheaterinszenierungen wurden im Nürnberger Raum uraufgeführt und bei diversen europäischen Festivals gezeigt. Die Figur der Linda begleitet sie seit über 20 Jahren durch sämtliche Züge, U-Bahnen, Theater und Galen der Bundesrepublik.


Tea Time
Sonntag, 23.06., 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr, Vorplatz / 3.Etage (je nach Wetter)


Mit Tee, Linda, Gebäck und einem Gespräch mit allen Künstler*innen des Wochenendes

Wie ist das jetzt nun mit der Unabhängigkeit? Und mit Europa? Wann kommt denn finally der Brexit? Oder kommt er überhaupt? Without a doubt a cup of tea will sort everything out. Also: abwarten und Tee trinken! Bei einem Heißgetränk und einem Stück britischem Gebäck, kommt man ja vielleicht im Gespräch ein Stück weiter. Rechtzeitig zum Afternoon Tea erscheint die britisch-exzentrische Singlefrau Linda am Schauspielhaus und sorgt weiter unfreiwillig für Gesprächsstoff. Gänzlich freiwillig sprechen dann Chris Thorpe, Felix Meyer Christian, Leonie Rae Gasson und Alan McKendrick mit Ihnen über die Stücke und Themen des Wochenendes. Nur eines wird wohl ein ewiger Streitpunkt bleiben: Milk-in-first oder Tea-in-first?


PREISE UND TICKETS


Karten für die Gastspiele kosten auf allen Plätzen einheitlich 13,90€.


Ein Wochenend-Paket mit Tickets für alle drei Produktionen kostet 26,00€, ermäßigt 19,50€. Die Ermäßigung gilt für Schülerinnen, Studierende, Schwerbehinderte und Inhaberinnnen der Ehrenamtskarte.
Das Wochenend-Paket ist nur an den Theaterkassen im Opern- und Schauspielhaus und über die Staatstheater-Hotline erhältlich.


Wir danken unseren Partnern:

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