Saisonvorschau 2023/24
OPER
Wer Kunst macht, hat keinen festen Boden unter den Füßen. Sogar die arriviertesten Künstler*innen müssen sich immer wieder Fragen gefallen lassen: Was machst du da? Wozu nützt das? Wer braucht das? Aber wenn die Kunst diese Fragen klar beantworten könnte, wäre sie keine Kunst mehr. Der Zweifel und das Unsagbare sind das Wesen der Kunst. Wenn wir alles aussprechen könnten, bräuchten wir sie nicht.
„Man malt! Das gibt es noch!“, verspottet der Bauernführer Schwalb den Maler Mathis in Hindemiths Oper. Und obwohl Mathis ein erfolgreicher Künstler mit besten Beziehungen zu Mäzenen und Mächtigen ist, kommt ihm seine Kunst plötzlich lächerlich vor, sinnlos und altmodisch. Um seiner Existenz einen Sinn zu geben, schließt er sich den aufständischen Bauern an. Aber er findet bei ihnen keinen Platz und kehrt schließlich zur Kunst zurück, um ein Meisterwerk zu schaffen.
Sicher hat die Opern-Kunst ein Fundament. Sänger*innen und Musiker*innen beherrschen ihre Instrumente; die meisten der Stücke in unserem Spielplan sind viel gespielt und bewährt. Doch bei aller Meisterschaft muss der Zweifel bleiben. Wird die nächste Inszenierung gelingen? Wird sie ein Publikum begeistern? Erzählen wir eine wichtige Geschichte? Die Kunst bleibt nur relevant, wenn wir immer wieder neu anfangen und nichts für selbstverständlich nehmen.
Ihr Prof. Jens-Daniel Herzog
Operndirektor
SCHAUSPIEL
Die Ungleichheit explodiert: In Deutschland verfügen die reichsten zehn Prozent über gut zwei Drittel des Gesamtvermögens, und immer noch bedingt die soziale Herkunft Bildung und Teilhabe. Gerade die Folgen von Krieg, Klimawandel und Pandemie machen zudem für immer mehr Menschen spürbar, wie sehr ökonomische Verhältnisse unser Leben bestimmen. Gründe genug, in der Spielzeit 2023/24 Geld, Klasse und Klassismus in den Blick zu nehmen. Wir tun das in gewohnter stilistischer Breite: Die mit einer Einladung zum Berliner Theatertreffen 2023 ausgezeichnete Regisseurin Rieke Süßkow untersucht mit Werner Schwabs Sprachkunstwerk „ÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM“ die Sprengkraft eines sozialen Zusammenpralls. In Martin Kordićs Bestseller „Jahre mit Martha“ steht die Liebe eines ungleichen Paares gegen die Grenzen von Herkunft und sozialem Status im Mittelpunkt. Mit Simon Stephens’ „Maria“ erzählt der bekannte Regisseur David Bösch die Geschichte einer alleinerziehenden 19-Jährigen, die mutig den prekären Umständen trotzt. Weitere Schlaglichter werfen eine Uraufführung der gefragten Autorin Caren Jeß sowie die Komödie „Jeeps“ über die streitbare Praxis des Erbens und Philipp Löhles Erstlingswerk „Genannt Gospodin“, das von dem grandios scheiternden Versuch erzählt, ohne Besitz zu leben.
In der umgestalteten 3. Etage ist das bundesweit einzigartige Extended Reality Theater (XRT) zu entdecken. Die künstlerischen Leiter Nils Corte und Roman Senkl sowie renommierte Gastkünstler*innen laden uns an einen Ort ein, wo Nerds auf Neugierige und Digitales auf analog Gespieltes treffen. Wir freuen uns außerdem auf „Romeo und Julia“ als Inszenierung mit Schauspieler*innen und Jugendlichen, „Wallenstein“ als Fortsetzung der Beschäftigung mit Schillers Dramen und vieles mehr – vor allem auf Sie, unser Publikum. Also: Auf bald im Schauspielhaus!
Ihr Jan Philipp Gloger
Schauspieldirektor
BALLETT
Vertrauen und Mut sind die Säulen, auf denen das Programm unserer neuen Spielzeit ruht. Nicht ohne Stolz darf ich sagen, dass unsere Compagnie jetzt ein solches Niveau erreicht hat, dass Weltstars der Tanzwelt uns Signaturwerke anvertrauen, die sie bislang keinem anderen Ensemble überließen. Dies gilt für das sehr persönliche Werk des von mir verehrten Meisters Jean-Christophe Maillot, dessen Handschrift einzigartig und prägend ist für die Welt des neoklassischen Balletts. Und auch das Choreograf*innen-Duo Sol León und Paul Lightfoot schenkt unserer Compagnie höchstes Vertrauen, indem es eigens für unsere Tänzer*-innen ein unglaublich individuelles Werk ausgewählt hat, das bislang außer dessen Hauscompagnie, dem maßstabsetzenden Nederlands Dans Theater, noch kein Ensemble aufführen durfte.
Bereitschaft und Mut zum Risiko erfordert nicht nur die Programmierung dieser außerordentlichen Werke unserer Gäste. Auch ich als Choreograf möchte mich im Dialog mit meinem Publikum stetig weiterentwickeln. So stelle ich mich kühn einem Werk, das bislang noch kaum choreografisch bearbeitet wurde und das in jeder Hinsicht eine Herausforderung darstellt. Ich bin sicher: Auch in der Beziehung zu unserem Publikum zeigen wir uns vollkommen authentisch, fordern uns wechselseitig heraus und beschreiten gemeinsam Neuland. Nur so können wir uns schließlich als Künstler*innen wie Zuschauer*innen weiterentwickeln: indem wir das Unerwartete wagen, unternehmen, was bislang undenkbar schien, unseren Geist wach und unsere Beziehung aufregend halten. Schenken Sie uns also weiterhin Ihr Vertrauen und lassen Sie uns gemeinsam mutig Neuland entdecken!
Herzlichst
Ihr Goyo Montero
Ballettdirektor und Chefchoreograf
KONZERT
„Bereite dich zu leben!“ ist Leitgedanke der neuen Konzertspielzeit, in der es neben Wohlbekanntem viel Neues zu entdecken gibt: fantastische, aber zu selten gespielte Musik, Stars von morgen, beziehungsreiche, tiefgründige wie unterhaltsame Programme und bisher unerschlossene Aufführungsorte.
Die Philharmonischen Konzerte schaffen Querverbindungen von aktuell relevanten Themen zu den Kernaussagen der wichtigsten Opernproduktionen. Das 1. Philharmonische Konzert „Gegen den Strom“ bildet mit der Eröffnungspremiere „Mathis der Maler“ eine inhaltliche Einheit um die Kernfrage nach Aufgabe und Überlebensstrategien des Künstlers und der Kunst in Zeiten von Zensur und existenzieller Bedrohung. Das Konzert „Zurück zur Natur“ unterstützt die Initiative „Phil-CO2“ mit einer Zeitreise von den Anfängen der Autoindustrie über die Dampfmaschinen zurück in die vorindustrielle Zeit. Die Aufführung von Gustav Mahlers „Auferstehungssinfonie“ vereint unter Mitwirkung der drei Nürnberger Konzertchöre alle musikalischen Kräfte des Staatstheaters auf der Bühne.
In der Konzertreihe „Dreiklang“ werden die Gustav-Adolf-Gedächtniskirche, das Zukunftsmuseum und die historischen Räumlichkeiten des Germanischen Nationalmuseums zu atmosphärischen Erlebniswelten, und zwei Exkursionskonzerte laden ein, in gewohnter und beliebter Weise Meisterwerke der klassischen Musik näher zu erkunden.
Ganz besonders am Herzen liegen mir die Aufbauarbeit in den Schulen und die Projekte mit der Jungen Staatsphilharmonie – denn hier wächst unser Publikum der Zukunft heran.
Herzlich willkommen!
Ihr Roland Böer
Chefdirigent und Generalmusikdirektor
PLUS
Kinder flitzen über die Probebühne und singen das Lied des Kinderopernchors aus der Oper „Carmen“. Jugendliche der Jungen Staatsphilharmonie musizieren im Orchestersaal und den Stimmzimmern. In der Kantine diskutiert der Theaterjugendklub, welche Szene nun unbedingt ins selbstgeschriebene Stück muss. Die ukrainische Improvisationsgruppe und der ukrainische Kinderchor treffen sich zum gemeinsamen Präsentieren und das Seniorentheater ist überrascht, dass Tamara Kafka nun schon seit 30 Jahren seine Geschicke leitet. Unsere knapp 200-köpfigen Ensembles aus der Stadtgesellschaft saugen das Theaterleben in vollen Zügen auf und sind genau da, wo sie hin wollen: im Theater.
Auch Schüler*innen erobern sich mit der Musikschule, ihren Grundschulen und weiterführenden Schulen künstlerisch die Opernbühne oder den Stadtraum. All das wird getragen von einer reibungslos funktionierenden Theatermaschinerie und Mitarbeiter*innen, die Türöffner*innen für alle sind, die das Theater von Grund auf kennenlernen wollen. Über tausend Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind in dieser Spielzeit mit ihren Produktionen Teil unseres Programms am Staatstheater.
Ein Höhepunkt dieser Spielzeit wird das 18. Bayerische Theaterjugendclubtreffen sein, bei dem an einem langen Wochenende zwölf Theaterjugendclubs ihre Geschichten auf den Bühnen des Staatstheaters, des Theaters Mummpitz und Theaters Pfütze sowie des Gostner Hoftheaters präsentieren. The stage is yours oder: Bühne frei!
Anja Sparberg und Team Theaterpädagogik PLUS
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