Insight 18. Treffen Bayerischer Theaterjugendclubs
Ein Presseteam des Paul-Pfinzig-Gymnasiums Hersbruck produziert und veröffentlicht im Rahmen des Festivals (18.-21.7.24) Podcasts, Stückbesprechungen und weitere Hintergrundinformationen.
SEE YOU!
Warum ich so gerne im Jugendclub bin
Bozhidara Mihaylova erzählt in dem Podcast was ihr die wöchentlichen Treffen am Staatstheater Nürnberg bedeuten.
In unserer heutigen Jugend spielt Social Media und damit das Verlangen, gesehen und verstanden zu werden eine große Rolle. Aber wie so oft, die Medaille hat zwei Seiten.
Wir fühlen uns immer mehr zu viel gesehen und gezwungen, uns vor ungewollten Blicken zu verstecken. Genau auf diese Themen geht der Jugendclub des Nürnberger Staatstheaters, unter der Leitung von Anja Sparberg, in seinem Theaterstück „See You!“ ein und verwandelt dies durch Tanz und Gesang zu einer lebendigen Geschichte.
Dabei hat uns besonders gefallen, wie ernst die Schauspieler mit den wichtigen Themen umgegangen sind, obwohl das Stück sonst eher humorvoll und sarkastisch gespielt wurde. Das Schauspiel des Jugendclubs richtet sich vor allem an Teenager und junge Erwachsene, was durch unter uns bekannte Sprüche wie „Your Body, your choice, raise your voice“ verdeutlicht wird.
Die Emotionen der Schauspieler wurden auch durch das Bühnenbild, den Licht und den Ton illustriert und sorgten für eine situationspassende Atmosphäre. Immer, wenn eine eher düstere bzw. fröhlichere Stimmung vermittelt werden sollte, wurden dunklere und kleinere bzw. hellere und größere Lichter verwendet.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass „See You“ ein unterhaltsames Theaterstück von und für Jugendliche ist, welches die Probleme und Ängste der heutigen Jugend aufgreift und sie mit Musik und schauspielerischen Künsten unterstreicht. Wir als Zuschauer haben uns während des Stücks aufgehoben und verstanden gefühlt. Genau diese Gefühle sollten vermittelt werden und das wurden sie auch.
CHAOS
Und der Vater mäht den Rasen
„Chaos“, eine Produktion des MK:ollektivs der Münchner Kammerspiele
Die Dystopie „Chaos" des MK:ollektivs der Münchner Kammerspiele beeindruckt durch die kreative Inszenierung, die spielerische, tänzerische Leistung und das minimalistische Bühnenbild – fünf Kuben auf Rollen, die die Szenen unterteilen und zwischen den einzelnen Bildern bewegt werden.
Aus unserer Schule kennen wir Kreide nicht mehr – vom Spielen auf der Straße schon. Die Kreidezeichnungen und die schauspielerische Leistung begleiten die Szenen. IIII IIII IIII Schrauben werden gezählt, bei jeder Zählung ein anderes Ergebnis. IIII IIII IIII IIII Der Wahnsinn ist nahe. IIII IIII IIII IIII IIII IIII
Protokolle der Hexenverfolgung. Der Oma und der Enkeltochter wird der Pakt mit dem Teufel vorgeworfen – der Enkeltochter wird eine Kröte in ihrem Zimmer zum Verhängnis. Mit Kreide werden die Wörter „Kröten – Kröten – Kröten“ aneinandergereiht.
Das Bühnenbild ist einfach gestaltet und die hervorragende Ton- und Lichttechnik verstärkt die Atmosphäre jeder Szene. Die Aufsplitterung der Themen führt tatsächlich zu einem Gefühl von Chaos, das den Titel des Stücks widerspiegelt.
Die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler überzeugen durch ihren grandiosen Auftritt und nutzen die Kreidezeichnungen, um die Emotionen zu intensivieren und das Publikum zu fesseln. Jede Szene, sei es eine Auseinandersetzung mit der Hexenverfolgung, wie man zu einem Sündenbock wird oder eine Darstellung des Todes, wird von elegant schwarz gekleideten Figuren gespielt. Am Anfang und fast am Ende steht eine Familie, die wie Roboter miteinander sprechen und zusammen zu Abend essen. Erzählt wird ihre Geschichte von einer Außenstehenden. Wenn sie selber anfangen zu reden, wird es noch gruseliger. Damit alles schön ist, mäht der Vater den Rasen. Denn alle habe dasselbe geträumt, heute Nacht wird man sterben und weil die Welt so furchtbar ist, ist das auch gar nicht so schlimm. Alles erinnert an „schöne neue Welt“ von Aldous Huxley.
„Chaos" ist ein mutiges und aussagekräftiges Stück, das auf eine eigene Art ansprechend ist. Das Stück fordert das Publikum heraus, sich aktiv mit den ernsten Themen auseinanderzusetzen und die verschiedenen Szenen in ihrem eigenen Kontext zu verstehen. Insgesamt bietet „Chaos" ein beeindruckendes und tiefgründiges Theatererlebnis, das lange in Erinnerung bleibt.
GEHT SO
Der Krieg bricht in die Welt der Teenager ein, die gerade anfangen zu leben und von der Zukunft träumen. Was geht in diesen Tagen in ihren Köpfen vor? Worüber reden sie, was schreiben sie sich in Chats? Das Presseteam des Paul-Pfinzig-Gymnasiums Hersbruck interviewt dazu Darsteller Mykhailo Bernadskyi sowie Regisseurin Svitlana Mykhailenko.
Mitreißend und bewegend zugleich
Welche Erwartungen hat man an ein Stück, das den Titel „Geht so“ trägt? Neugierig gingen wir in das Stück.
Die Inszenierung von „Geht so" im Staatstheater Nürnberg ist ein absolutes Highlight. Das Stück beleuchtet die alltäglichen Herausforderungen und Beziehungen von vier Freunden in der Ukraine zur Zeit des Kriegsbeginns, die mit viel Gefühl Themen, wie Zusammenhalt, ihre Ängste und Sorge und Liebe preisgeben und den Kampf um einen Neuanfang nicht aufgeben.
Der positive Eindruck ist vor allem auch den überragend agierenden Schauspielerinnen und Schauspielern des ukrainischen Jugendclubs geschuldet. Besonders Mykhailo Bernadskyi glänzt in seiner Rolle als Jugendlicher namens Mike, er schenkte uns bereits im Rahmen eines Podcasts ein Interview, indem er von seiner Rolle und seinen persönlichen Erlebnissen von dem noch andauernden Krieg in der Ukraine erzählte.
Die Suche nach dem eigenen Weg wird gemeinsam von den Darstellern berührend vermittelt, Entscheidungen müssen die Figuren treffen. Bestimmt sind Entscheidungen da, die nicht für jeden nachvollziehbar sind. Das Publikum reagierte berührt und begeistert, mit häufigem Applaus und stehenden Ovationen. Im Foyer der Kammerspiele sah man danach viele bedrückte Gesichter und es wurde klar, dass im Nachgang viele Gespräche geführt werden. Und auch wir sprachen viel in der Schule darüber.
Die herausragende Regiearbeit von Svitlana Mykhailenko, mit einem feinen Gespür für Timing und Raumgestaltung, darf auch nicht unerwähnt bleiben. Das minimalistische, aber eindrucksvolle Bühnenbild und die einfach gehaltenen Kostüme aus dem Alltag der Jugendlichen tragen wesentlich zur einfühlsamen Atmosphäre bei. Die musikalische Untermalung und Soundeffekte verstärken die emotionalen Momente des Stücks unserer Meinung nach perfekt.
Der Titel „Geht so" ist lediglich die Schlussfolgerung am Ende des Stücks auf die Frage nach dem persönlichen Befinden und spiegelt keinesfalls die Wertigkeit des Stücks wider. Die Aufführung ist mitreißend, bewegend zugleich und aus unserer Sicht eine absolute Empfehlung. Wir werden häufig noch an dieses Stück denken.
DAS TRIBUNAL
War das Zweitauto nötig?
„Das Tribunal“, eine Produktion des Jugendclubs Gostner Hoftheater, Nürnberg
Was passiert mit unserer Welt? Wie lange ist es noch möglich, als Mensch auf der Erde mit dem immer weiter fortschreitenden Klimawandel zu leben? Wer hat Schuld an der Klimakatastrophe? Die älteren Generationen? Wie soll damit umgegangen werden? Die acht jungen Darsteller des Jugendclubs des Gostner Hoftheater setzten sich viel damit auseinander, als sie wöchentlich das Stück probten und nun sehr gewissenhaft inszenierten.
„Das Tribunal“, eine Dystopie der britischen Autorin Dawn King, spielt in einer düsteren Zukunft, in der die Klimakrise unser bekanntes menschliche Leben zerstört. Schnee ist den jungen Menschen nahezu unbekannt, es bleiben nur Traumvorstellungen. Auch Fliegen ist undenkbar und bedarf einer Extragenehmigung.
Moment aber: Was versteht man unter eine Dystopie? Das mussten wir nachschlagen. Es geht dabei um ein Thema, das in der Zukunft spielt, oftmals kritisch und schlecht ausgehend. Zurück zum Stück:
Es ist Sommer und extrem heiß, die Menschen können draußen kaum noch atmen. Die Klimaanlagen sind notwendig, Fenster dürfen nicht geöffnet werden ob der hohen Luftverschmutzung. In der Geschichte treffen sich acht willkürlich ausgewählte Jugendliche in einem umfunktionierten Gerichtssaal. In diesem Tribunal sollen sie über drei Erwachsene richten, die Verbrechen gegen die Umwelt begangen haben. Jeder Angeklagte (sie werden als Dinosaurier bezeichnet) erzählt über sein Leben: Wie ist er verreist? Welche Dienstreisen wurden unternommen? War das Zweitauto nötig? Die Jugendlichen debattieren anschließend über ein Urteil: schuldig oder nicht schuldig. Zwischen dunkel und hell, warm und kalt sitzen die Jugendlichen aus der Jury in einer Krise. Dabei variieren ihre Meinungen – basierend auf ihren verschiedenen Kindheiten – stark, was zu teilweise heftigen Auseinandersetzungen führt. Alle drei Klimasünder werden als schuldig befunden und getötet. Ein Jugendlicher stimmt sogar gegen seine Mutter.
Es ist beeindruckend zu sehen, wie überzeugend und berührend die Jugendtheatergruppe vom Gostner Hoftheater unter Regie von Amelie Hetterich und Christin Wehner dieses Theaterstück umgesetzt hat. Besonders, wie die emotionalen und moralischen Konflikte durch die weit auseinanderstehenden Meinungen der Charaktere dargestellt werden. Teils fehlt einem im Zuschauerraum selbst die Luft zu atmen, so wird man in das Stück gezogen.
Das Bühnenbild ist einfach, aber passend zu der düsteren Atmosphäre. Die wechselnden Beleuchtungen und die Soundeffekte übermitteln die beängstigende Stimmung von Anfang an dem Publikum. Zudem verdeutlichen die wechselnden Lichter die zwischendurch aufgetauchten Hoffnungen auf ein nicht vom Klimawandel geprägtes Leben.
Inmitten der wachsenden Umweltprobleme unserer Zeit beschreibt dieses Stück eine absehbare Situation in der Zukunft und zeigt zudem auf, wie der Klimawandel unser Leben verändern kann. „Das Tribunal“ regt dazu an, sich Gedanken über ein im Einklang stehendes Zusammenleben von Menschen und Umwelt zu machen. Wie sollen wir leben? Was könnten wir verbessern? Wie sichern wir unser Überleben? Wie kann es weitergehen?
Ronja Pfeuffer, Alicia Schramm
PRINZESSIN NICOLETTA
Farbenfrohes Spektakel
„Prinzessin Nicoletta“, eine Produktion des Jugendclubs Club Y des Staatstheaters Augsburg
Die Karikatur zu Ludwig XIV. im Schlafanzug ohne königliche Machtzeichen auf der Bühne. In der Unterkleidung, aber mit Perücke, wandelt König Phillip von Mimirabien lamentierend, aber auch optimistisch durch das ausgeklügelte Bühnenbild. Was verwundert, da er ja im Zentrum der Intrigen und Wendungen steht, vieles was am Hof vor sich geht, merkt er gar nicht oder will es nicht merken: Ein Herz wird als Jugendelixier verspeist, ein Todesfall und Krankheiten werden vorgetäuscht, aber ein Biss zerstört die Intrige und das Chaos verstärkt sich. Wie viele Todesfälle es gibt und noch geben wird, das bleibt offen – wir wissen ja: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann morden sie noch heute.
Die Schauspielerinnen und Schauspieler des Jugendclubs spielten hervorragend unter der Leitung von Nicoletta Kindermann, Julius Kuhn.
Die Maske und das Bühnenbild haben uns völlig überzeugt, Kochgeschirr und eine Fleischkeule hängen an langen Fäden von der Decke, wie wir es aus Kinderbüchern kennen und uns eine Märchenküche vorstellen. Aber Moment mal: Plastikstühle? Vielleicht ist nicht alles wie es scheint: Das Königreich vielleicht marode? Ein Tisch wird zum Laufsteg umfunktioniert und Prinzessin Nicoletta schläft, wie es sich für eine Prinzessin gebührt, auf mehreren Matratzen. Prinzessin auf der Erbse halt. Und so auch so ihr Verhalten. Nörgelnd, stur. „Erziehung wäre angebracht gewesen“, so die einhellige Meinung über sie. Heiraten soll sie, um das arme Königreich vor Krieg mit dem mächtigen Nachbarstaat der Osmen zu retten. Und schon machen die Plastikstühle Sinn. Und auch in der Liebe trügt der Schein. Ein Bratapfel erweckt Gefühle und Amors Pfeil trifft Prinzessin Nicoletta – und der Gesindekoch ist ihr Liebesziel. Auch wenn sie ihn noch nie gesehen hat, begeistert ist er aber davon nicht, schwebt ihm ein anderer Frauentyp vor. Wankelmütiger ist da schon der eigentliche Bräutigam Prinz Omo aus dem Nachbarreich der Osmen, er würde auch die „Fliedertante“ ehelichen. Der Großwesir verhindert zunächst diese Liaison. Ein Goldfund ändert seine Meinung, einer Eheschließung würde er nicht mehr im Weg stehen. Aber ob in dem Märchen gilt: Und wenn sie nicht gestorben gilt, dann leben sie noch heute – so funktionieren Antimärchen eben nicht. Die Gouvernante in tristem Grau gewandet und so auch ihre Stimmung: Selbstmord gefährdet, versucht sie eine Revolte anzuzetteln, aber auch das gelingt ihr nicht. Auch im Antimärchen bleiben die Strukturen fest und sind eben nicht auf der Seite der Dienerschaft.
Die Kostüme detailreich und sehr durchdacht, und wieder sind wir in unseren Märchenbüchern und erinnern uns an die Stunden über Stunden, die wir mit unseren Großeltern auf dem Sofa verbracht haben und nun sind wir in der Welt des Theaters angekommen, wo wir auch das Gefühl der Glückseligkeit und die Tragik der alten Geschichten wiederfinden.
ALLES GUT.
Die Message macht‘s
„Alles Gut.“, eine Produktion von „Deine Bretter – LAB“ der Schauburg München
Was geht in den Köpfen der jüngeren Generationen vor? Sind Gedanken an Gewalt, Missbrauch, Zwänge, Ängste in der früheren Jugend in diesem Ausmaß schon länger existent? Oder ein Phänomen der Jetztzeit? Ist wirklich „Alles gut“, wie das junge Mädchen mit dem Teddybären im Arm am Anfang des Stückes wiederholt. Und zwar so lange, bis sie zusammenbricht, weil eben nicht alles gut ist.
Alles gut – eine zufriedenstellende Aussage, die wir stetig verwenden, ohne nachzudenken. Wir antworten auf die Frage: Wie geht es? Alles gut. Und wundern uns, wenn niemand fragt, wie es uns wirklich geht. In dem Stück wird gezeigt, wie stetig neue Hoffnung geschöpft werden kann und sich selbst und auch den anderen geholfen werden kann. Eigentlich wäre es ganz einfach: Musik ist schön. Eingespielt wird „Cover me in sunshine“ – fröhliche Stimmung macht sie im Zuschauerraum breit, die gute Laune der Spielenden, die zu dem Stück tanzen, überträgt sich auf die Zuschauer. Ein Ohrwurm entwickelt sich und dann und wann ploppen die Textzeilen im Schauspielhaus auf: „Cover me in sunshine“.
Das junge 9-jährige Mädchen empfand bis zu einer Studie, an der es teilnimmt, noch nie negative Emotionen und wird auf die Probe gestellt, sie zu fühlen und mitansehen zu müssen.
In das Leben des Mädchens bricht eine Fee herein, aber keine gute Fee mit Glitzerstaub, wie wir sie kennen, sondern eine ganz andere Fee. Sie wird das Mädchen begleiten, und sie auf die problematischen Zeiten hinweisen wie Manipulation, Abhängigkeit, Lüge, Gruppenzwang, Extremismus, Gewalt, Klimawandel und Missbrauch, was zu Angst und Verunsicherung führt.
Das Leben besteht aus zwei Seiten, zwei Gegensätzen: Schön und schlimm. Eine chemische Reaktion wird durchgeführt, aus der sich ergibt: toxische Freundschaft = schlimm.
Selbst nachdem jeder mit Problemen konfrontiert worden ist, beharrten sie darauf: „Uns geht es gut!“.
Das Stück überzeugt uns, da es die Realität widerspiegelt, so sehen wir eine Influencerin, die einen „Outfit-check“ in Jugendsprache zeigt und auch die Reaktionen in der Kommentarfunktion sind uns bekannt, zwar nicht auf einem Spiegel geschrieben, aber auf Plakate im Bühnenhintergrund getragen.
WER KRIEGT SEIN LEBEN IN DIE REIHE
Die Show unseres Lebens
„Wer kriegt sein Leben in die Reihe“, eine Produktion des Jugendclubs Theater Pfütze Nürnberg
Mittlere Reife und nun? Abitur, was jetzt? Unsere Freundinnen aus der Grundschule haben ihre Mittlere Reife und überlegen, welche Träume sie verfolgen wollen. FOS? Ausbildung zur Zahntechnikerin? In drei Jahren sind wir soweit. Abitur und dann? Studium? Ausbildung? Gap Year? Welche Träume haben wir? Werden wir scheitern? Am Alltag, an unseren Ideen oder an unseren Träumen? Wie hängen unsere Möglichkeiten der Verwirklichung an unserem sozialen Umfeld?
Der Jugendclub des Theaters Pfütze, unter der Leitung von Lena Schmailzl und Maria Magdalena Mund, visualisiert die soziale Ungerechtigkeit in einer Publikumsaktion: Bonbons werden verteilt, die ersten Reihen müssen sich einen teilen und die anderen bekommen Bonbons im Überfluss. Wo ist das Gerechtigkeit? Wir gingen leer aus.
Gehen die Figuren auf der Bühne auch leer im Leben aus?
15 Jugendliche erzählen von ihren Träumen – moderiert wie in einer Fernsehshow: Willkommen in der Show unseres Lebens. Oder eher: Willkommen bei „Pleiten, Pech und Pannen“ nach zehn Jahren. Nach der Vorstellung ihrer Träume, ein Zeitsprung – ein Jahrzehnt später: An ihren Träumen scheitern alle: Der eine möchte Vater von sieben Kindern werden, nach einem Kind überfordern ihn schon die einfachsten Haushaltssituationen wie den Müll rauszutragen.
Der Wunsch nach Ferne endet mit der Angel in der Hand am See.
Der Traum von der Bühne, jäh geplatzt, aber die Oma ist da und hört den Träumen zu. Dafür sind Omas auch da. Aber irgendwann langt auch der Trost nicht mehr und die Figur geht ins Zelt der Aufgebenden. Nahezu alle Figuren versammeln sich dort. Das Siegerpodest bleibt leer.
Die Figuren unifarben wie Spielfiguren, sind wir determiniert im Leben oder frei? Am Ende und am Anfang tragen alle einen Hut und tanzen, sehr schön synchron.
Ein Stück von Jugendlichen für Jugendliche, das Mut macht, seine Träume zu leben, aber nicht in diesen zu verharren. Denn manchmal ist das Leben wie eine Pralinenschachtel, man weiß nie, was kommt.
BÖSE MÄRCHEN
Die Gerechtigkeit beginnt heute Nacht
„Böse Märchen“, eine Produktion der Gärtnerplatz Jugend, Gärtnerplatztheater München
Es war einmal … so beginnen Märchen. Der formelhafte Beginn, aber schon beginnt das Aufbrechen des Stücks, der Figuren: Gretel freundet sich mit der bösen Hexe an, gemeinsam töten die BFFs Hänsel. Das genügt aber Gretel nicht, sie will das Knusperhäuschen für sich allein, also muss ihre BFF weg. Gedacht - getan. Und wir sind mittendrin. So viel Grandioses, wir wissen gar nicht, was wir hier alles schreiben können bzw. wollen. Geschrieben ist das Stück von den Jugendlichen.
Die bösen Märchenfiguren wie z. B. der Wolf aus „Rotkäppchen“, der Spiegel aus „Schneewittchen“ und die Schneekönigin wollen nicht mehr böse sein, ihnen gefällt ihre Rolle nicht mehr. Rumpelstiltzchen hadert mit der Berichterstattung in der Zeitung. Sie wollen ihr Schicksal ändern und fangen mit den Protesten und dem Streik an. Angestachelt und angeführt durch Gretel.
Ungeahnte Folge, die guten Figuren funktionieren nicht ohne ihren bösen Gegenspieler. Gut und Böse ergänzen sich. Aschenputtel hätte ohne die böse Stiefmutter nie vom Ball erfahren. Was soll der Prinz machen, wenn er Dornröschen nicht wach küssen kann? Die Prinzen haben ja nicht einmal einen Namen, wie sie in der Therapiesitzung vom Entlein beklagen. Dort versöhnen sich die böse Stiefschwester und Aschenbrödel, nein, sie heißt doch Aschenputtel. Rotkäppchen muss vom Wolf erfahren, wie schwer sie und die Großmutter im Magen liegen. Und die Steine vor allem.
Die Lieder sind mit Sicherheit eines der Highlights: Bekannte Lieder aus der Musikwelt umgetextet. Grandios gesungen und fabelhaft gespielt von den jungen Akteuren unter der Leitung von Susanne Schemschies.
Das Bühnenbild ist sehr farbenfroh, mit viel Glitzer und perfekt abgestimmt auf die Inszenierung. Am Anfang diente es zur virtuellen Trennung von Gut und Böse. Die Therapiesitzungen vereinen die Figuren und die Trennung schwindet. Die Sitzgelegenheiten vielfältig. Auf der Empore die Band. Rapunzel leistet der Band teils Gesellschaft, Frau Holle nicht zu vergessen.
Auch bei den Kostümen ist die Trennung in gut und böse sichtbar: Die Märchenfiguren, die wir seit Kindesbeinen als die Netten empfinden, sind prachtvoll und farbenfroh gestaltet. Auf der bösen Seite dominieren dunkle Farben, der Apfel sticht farbenfroh heraus, muss er ja auch zum Hineinbeißen verlocken und so sind die Charaktere durch die Kostüme für uns sehr deutlich erkennbar.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Aber: Der Wolf als Queen Lammfell will doch nicht mehr das nächste Kapitel in dem verstaubten Märchenbuch sein, sondern will die Geschichte neu schreiben. Wir sind gespannt, wie dann das neue Märchen formelhaft endet.
WAS WIR GEBEN. WAS WIR NEHMEN.
Verwandtschaft vs. Seelenverwandtschaft
„Was wir geben. Was wir nehmen“, eine Produktion des Spielclub Jugend, E. T. A.-Hoffmann Theater, Bamberg
Tante Berta, Tante Monika, Onkel Erich, Tante Hertl, Mama, Papa, Vater, Mutter, Oma, Opa, Schwester, Cousin, Bruder, Cousine, Nichte, Neffe. Großnichte. Großneffe. Die Möglichkeit der Verwandtschaftsverhältnisse unendlich. Wie viele Cousins hast du? Wie viele Schwestern? Wie viele Geschwister? Verstehst du dich mit ihnen? Mein Bruder ist die Hölle. Mich nervt mein kleiner Bruder. Während Corona kam er ständig in mein Zimmer und wollte spielen, ich wollte chillen.
Du bist wie Mama! Ist das ein Kompliment? Welche Rolle spielen Eltern in unserem Leben? Welche Rolle die Geschwister?
Die Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen, aber Freunde schon. So viele Themen stecken in dem Stück, das von den Jugendlichen selbst geschrieben wurde, unter der Leitung von Saskia Zink.
Wie viele Menschen finden Seelenverwandte? Gibt es für jeden einen Seelenverwandten?
Die Familie sitzt am Tisch und bald kommt es zum Streit, die Eltern bzw. die Großmutter verbietet den Mund oder ist mit der jungen Generation nicht einverstanden und nimmt sie nicht ernst. Stereotypen wie „Die Frau gehört in die Küche“. „Der Mann muss Fußball spielen“ führen unweigerlich zum Streit. Der Mutter-Tochter-Konflikt: Die Mutter unterdrückt die Tochter, indem sie ihr vorschreibt, wie viel sie essen darf, die Tochter soll die Karriere der Mutter nachholen.
Das Bühnenbild ist sehr schlicht gehalten, besteht hauptsächlich aus einem großen Tisch mit Stühlen in der Mitte der Bühne, ein Plakat, das Auskunft über die Charaktere gibt und eine Erhöhung auf der anderen Seite.
Die Kostüme aus dem Alltag der Menschen, manchmal sitzen wir auch so auf Familienfesten, manchmal langweilen wir uns da auch, manchmal ist es aber auch spannend. Das Publikum wird eingebunden, Schilder werden in die Höhe gehalten und animieren zum Applaudieren, zum Raunen oder zum Buhen.
Am Ende sucht sich die Seelenverwandtschaft eine neue Familie zum Beobachten und zum Unterstützen.
Ein Stück für Jugendliche von Jugendlichen.
MUSIK IM THEATER
Das Licht geht aus, der Vorhang geht auf und die ersten Töne des Theaterstücks erklingen. Musik. Ein unterschätztes, aber auch unverzichtbares Element des Theaters. Doch wieso ist die Musik im Theater so wichtig?
EINBLICKE INS KOSTÜM
Mode- und Kostümdesigner Angelo Alberto nimmt die Jugendlichen mit hinter die Kulissen in den Ballett-Fundus und erzählt davon, wie er zu seinem Beruf kam.
EINBLICKE IN DIE MASKE
Der stellvertretende Maskenchef Dirk Hirsch gibt, während einer Maskenprobe, einen Einblick in sein Berufsleben.
Unterstützt wird das Medien-Team durch die Nürnberger Nachrichten, das Schulradio-Projekt „TurnOn“ des Bayerischen Rundfunks und die Stiftung Zuhören.
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